Therapie oder Esoterik? Hypnose zwischen Spiritualität, Psychologie und vergangenen Leben

“Wie alt bist Du?” frage ich meine 42jährige Klientin.

“17” ist ihre Antwort. Ich hatte sie angewiesen zurück in der Zeit zu gehen, zu dem Punkt, der ihr Problem ausgelöst hat.

Ich frage weiter: “Ist das der Ursprungsmoment?”

“Nein”

“Gehe weiter zurück, zum ersten Mal. Wie alt bist Du?”

“48 Jahre. Ich habe nichts zu essen. Stroh liegt auf dem Boden.”

Dies ist eine kleine Sequenz, die beispielhaft dafür ist, dass eine spontane Regression in ein vergangenes Leben durchaus (ohne konkrete Führung) vorkommen kann. Ist es reine Fantasie? Ist es Esoterik? Oder lenke ich als Therapeutin das doch gar unbewusst selbst?

Tatsächlich sind diese Fragen nachvollziehbar – und zugleich spannend. Denn Hypnose kann Türen öffnen, die unser rationaler Verstand manchmal verschlossen hält. Ob man an Karma, Wiedergeburt oder anderes glaubt, ist dabei fast zweitrangig. Viel entscheidender ist: Welche Erfahrungen machen Menschen in Trance? Und was bewirken diese Erfahrungen?

Hypnose als Brücke zum Unterbewusstsein

Hypnose arbeitet mit dem, was oft als das Unterbewusstsein bezeichnet wird – also jenen Bereichen unseres Erlebens, die wir im Alltag nicht immer bewusst steuern. Dort sind Erinnerungen, Emotionen, aber auch tieferliegende Prägungen gespeichert.

In der klassischen Hypnosetherapie begegnen Klienten oft Bildern aus der eigenen Biografie: Kindheitserfahrungen, familiäre Muster, verdrängte Gefühle.
Manchmal jedoch tauchen Erlebnisse auf, die sich nicht eindeutig einer bekannten Lebensphase zuordnen lassen: fremde Zeiten, andere Kulturen, unbekannte Situationen.

Sind das tatsächliche Erinnerungen an vergangene Leben? Oder symbolische Bilder, in denen sich unser innerstes Wissen ausdrückt? Die Wissenschaft liefert darauf bisher keine eindeutige Antwort. Doch das bedeutet nicht, dass diese Erlebnisse bedeutungslos wären.

Regression und die “Reise der Seele”

Bekannte Regressionstherapeuten wie Michael Newton oder Brian Weiss beschreiben in ihren Arbeiten Tausende von Sitzungen, in denen Klienten unter Hypnose scheinbar frühere Leben durchliefen. Dabei berichten sie von erstaunlich detaillierten Szenen:

• historische Kleidung
• fremde Namen und Sprachen
• Lebensumstände, die dem bewussten Wissen der Person völlig fremd waren

All das ist diskutabel und im letzten Schritt nicht beweisbar. Und dennoch sind die Erfahrungen von uns Hypnotiseuren mit diesen Themen erstaunlich ähnlich. Trotz Kulturunterschieden und unterschiedlichsten religiösen Ansichten.

Wichtig ist: In der therapeutischen Arbeit geht es weniger um Beweise als um Wirkung. Viele Klienten berichten nach solchen Erfahrungen von tiefem innerem Frieden, dem Loslassen alter Blockaden oder einem besseren Verständnis für aktuelle Lebensmuster.

Warum solche Bilder heilsam wirken können, egal ob wir daran glauben oder nicht

Auch wenn wir diese Erlebnisse nicht wissenschaftlich „messen“ können, so lassen sich doch ihre therapeutischen Effekte gut nachvollziehen:

• Symbolische Verarbeitung: Das Unbewusste nutzt Bilder, Geschichten und Szenen, um alte emotionale Themen sichtbar zu machen.
• Auflösung von Schuldgefühlen: Manche Menschen tragen eine tiefe, schwer erklärbare Schwere in sich. In Regressionen erscheinen oft Bilder von alten Verlusten, Schwüren oder ungelösten Bindungen, die das heutige Leben beeinflussen können.
• Verständnis für eigene Muster: Viele erleben in Rückführungen emotionale Aha-Momente: „Deshalb fällt es mir so schwer, Beziehungen zu vertrauen“ – auch wenn der Ursprung in einer anderen Zeit erzählt wird.
• Loslassen von Scham und Angst: In Trance kann man Dinge aus einer sicheren Distanz betrachten, die im wachen Zustand zu überwältigend wären.

Karma, Wiederholung und Lernprozesse

Das Konzept von Karma – verstanden als das Prinzip von Ursache und Wirkung über verschiedene Lebensspannen hinweg – spielt in vielen Kulturen eine Rolle.
Statt es als starre Bestrafung zu deuten (diese Deutung ist übrigens grundlegend falsch), lässt es sich auch als Lernweg verstehen:

• Welche Themen begleiten mich immer wieder?
• Welche inneren Konflikte scheinen sich durch mein Leben zu ziehen?
• Welche Aufgabe könnte dahinter stehen?

Hier schließt sich der Kreis zur heutigen Trauma- und Bindungsarbeit: Manche Prägungen wiederholen sich scheinbar hartnäckig. Ob diese aus der Kindheit, aus übernommenen Familiendynamiken (transgenerationale Traumata) oder – im spirituellen Verständnis – aus vergangenen Leben stammen, ändert am inneren Erleben wenig.

Entscheidend ist: Das Nervensystem reagiert auf ungelöste Belastungen immer ähnlich.

Zwischen Spiritualität und Psychologie: Ein Raum für Erfahrung

Vielleicht liegt genau hier die große Kraft dieser Arbeit:
Nicht alles muss bewiesen werden, um heilsam zu sein. Hypnose schafft einen Raum, in dem das Unbewusste Geschichten erzählen darf – unabhängig davon, ob wir sie biografisch, symbolisch oder spirituell deuten.

Manche erleben diese Reisen als berührende Erkenntnisse über ihre eigene Seelenreise. Andere betrachten sie als tiefenpsychologische Bilderarbeit. Beides ist legitim.

Was bleibt, ist oft eine neue Freiheit:

• Alte Ängste dürfen gehen.
• Schuld und Scham verlieren ihre Last.
• Vertrauen ins eigene Leben wächst.

Mein persönlicher Blick auf das Thema

Ein Teil meiner eigenen Weltanschauung beinhaltet den Glauben an frühere Leben, an das Davor, das Dazwischen und das Danach – und an eine allumfassende Quelle. Zugleich bedeutet dies für mich auch:

• psychologische Vorgänge und wissenschaftliche Fakten stets mit einzubeziehen
• mich danach zu richten was für Dich stimmig ist
• Deine Erfahrungen und Bedürfnisse absolut in den Vordergrund zu stellen
• Dich mit Worten auf keinen Fall zu lenken (Du gehst dahin zurück, zu dem, was sich Dir von selbst zeigt)

Wir bewegen uns behutsam in den Bereichen, die für Dich sicher und hilfreich sind – ohne Dogmen, aber mit Respekt für das, was Heilung möglich macht.

Mehr als eine spannende Geschichte

Vergangene Leben, Karma und Spiritualität in der Hypnose müssen keine Glaubensfrage sein. Es geht nicht darum, eine Wahrheit zu beweisen, sondern um Deine innere Bewegung.

Manchmal braucht es keine exakte Herkunft, sondern nur den Raum, spüren zu dürfen, loszulassen und neu zu integrieren.
Und genau das ermöglicht Hypnose auf sanfte und respektvolle Weise.